5 October 2024

Globales Zementnetzwerk der BHI drängt auf Klimaschutz, menschenwürdige Arbeit und einen gerechten Strukturwandel in der internationalen Zementindustrie

Das globale Zementnetzwerk der BHI kam am 21./22. September 2024 in Genf zusammen, um gemeinsam über die zukünftige Strategie und Kampagnen der Bau- und Holzarbeiter Internationale (BHI) für die Zementbranche zu sprechen und Vorschläge zu erarbeiten. Bei dieser Sitzung sollten unter anderem auch zentrale Punkte für das bevorstehende dreigliedrige Meeting der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) zum Thema „Förderung von menschenwürdiger Arbeit und einem gerechten Strukturwandel in der Baustoffbranche, unter anderem Zement“ vorbereitet werden.

Die BHI-Mitgliedsverbände sind in der Zementbranche sehr präsent und sowohl in multinationalen Konzernen als auch einheimischen Unternehmen vertreten. Während diese Firmen ihre Geschäftstätigkeiten diversifizieren – vom Bauschuttrecycling bis zur Entwicklung neuer Anlagen für Energiespeicherung – gibt es beträchtliche Chancen für die Gewerkschaften, neue Mitglieder zu gewinnen und sich in neuen Regionen aufzustellen. Auch neue Akteure in dieser sich gerade entwickelnden Branche sind mögliche Ziele für die gewerkschaftliche Aufbauarbeit.

Beim Treffen des Netzwerk waren Gewerkschaftsführer und Fachleute aus Österreich, Belgien, Brasilien, Deutschland, Georgien, Honduras, Indien, Italen, Mauritius, Südafrika, Simbabwe, der Ukraine und UK vertreten, um über die aktuelle Lage in der Branche zu sprechen und den aktuellen Wandel auf regionaler und internationaler Ebene zu besprechen. Darüber hinaus wurde über die Situation der Arbeitnehmer in der Ukraine gesprochen und es wurde thematisiert, wie die Gewerkschaften versuchen, die Arbeitnehmer angesichts der weiter bestehenden Konflikts zu schützen.

Von den Teilnehmern wurden Beispiele für gelungenes Handeln (Best Practices) berichtet. In Italien haben die Sozialpartner eine gemeinsame Vereinbarung unterzeichnet, um die Zement-, Kalk- und Gipsbranche zu dekarbonisieren, unter anderem mit dem Schwerpunkt, die ausgeschöpften Steinbrüche für Projekte im Bereich der erneuerbaren Energien umzuwidmen. In Spanien wurde die Einführung von Umweltbeauftragten in den Zementwerken gelobt, ebenso wie die Erarbeitung von Kompetenzerweiterungs- und Ausbildungsprogrammen für nachhaltige Praktiken. Dies seien erfolgreiche Initiativen. Programme für lebenslanges Lernen wurden vorgestellt, die den Arbeitnehmern helfen, sich in neue Technologien einzuarbeiten.

Gerard Rijk von Profundo berichtete über die aktuelle finanzielle und strategische Situation bei Heidelberg Materials und gab unter anderem Einblicke in die Menschenrechtspolitik des Unternehmens und die Auswirkungen des CO-Grenzausgleichssystems (CBAM) in der Europäischen Union.

Die Zementindustrie wird schon seit langem für ihre Probleme mit Fremdvergabe und Arbeitsschutz, eingeschränkter gewerkschaftlicher Vertretung, Lohnungleichheiten und unzureichenden Kollektivverhandlungen kritisiert, insbesondere entlang der Lieferkette. Zudem steht die Branche immer mehr unter Druck, bis 2025 im Einklang mit den Zielen für nachhaltige Entwicklung der Vereinten Nationen zum Klimawandel Netto-Null-CO2-Emissionen zu erreichen.

Vielen Unternehmen mangelt es jedoch an dem erklärten Willen, soziale Nachhaltigkeit zu erreichen; so werden Arbeitnehmer und ihre Gewerkschaften während des Übergangs häufig an den Rand gedrängt. In den meisten Zementwerken gibt es weder konkrete Pläne für einen emissionsarmen Strukturwandel, noch liegt der Fokus auf einem gerechten Übergang. Dort, wo es einen Plan gibt, beinhaltet dieser oftmals keine Konsultationen mit den Arbeitnehmern oder ihren Gewerkschaften. Klimainitiativen dürfen nicht als Entschuldigung herhalten, Arbeitsplätze zu streichen oder die Arbeitsbedingungen zu verschlechtern; sie müssen darauf ausgerichtet sein, die Sicherheit, Gesundheit und Kompetenzerweiterung der Beschäftigten zu verbessern.

Angesichts dieser Problematik wurde bei der Zusammenkunft des Netzwerks hervorgehoben, wie wichtig es ist zu gewährleisten, dass technologische Veränderungen in der Zementbranche durch einen partizipatorischen Prozess begleitet werden, der auch die Gewerkschaften einbindet und von den Prinzipien des Sozialschutzes, dem Erhalt von Arbeitsplätzen, der Förderung von Kompetenzen und durchgängiger Beschäftigung geleitet wird. Darunter fällt auch das internationale Rahmenabkommen der BHI mit Argos Cementos, das als positives Beispiel für die Branche genannt wurde und das Potenzial für eine produktive Zusammenarbeit zeigt.

Das Netzwerk hat die folgenden Forderungen an die Zementfirmen formuliert:

1. Im Rahmen ihrer Verpflichtung zu einem gerechten Strukturwandel muss ein echter sozialer Dialog mit den Gewerkschaften geführt werden.

2. Es muss in die Zielvorgaben für die Verringerung der CO2-Emissionen, Maßnahmen gegen den Klimawandel und Digitalisierungsstrategien eine soziale Dimension integriert werden, so dass gesichert ist, dass die Gewerkschaften für den Schutz der Arbeitnehmer und einen gerechten Strukturwandel eingebunden werden.

3. Das Recht auf Vereinigungsfreiheit muss für alle Arbeitnehmer auf der ganzen Welt geachtet werden.

4. Alle Beschäftigten in der Zementbranche, ob direkt angestellt oder über Fremdfirmen beauftragt, müssen beim Übergang hin zu einer Zement- und Betonproduktion eingebunden werden, die mehr auf Nachhaltigkeit, soziale Verantwortung und klimafreundlichere Herstellung ausgerichtet ist.

BHI-Generalsekretär Ambet Yuson sagte, ein gerechter Strukturwandel kann nur dann erreicht werden, wenn die Bestrebungen für Dekarbonisierung mit der Achtung der internationalen Kernarbeitsnormen einhergehen. „Die Unternehmen sollten ausnahmsweise einmal das Leben über den Profit stellen. Es kann keinen gerechten Strukturwandel ohne die Arbeitnehmer, ihre Kompetenzen und Beschäftigung geben. Wir, die Arbeitnehmer, bauen die Zukunft mit auf und gewährleisten einen gerechten Strukturwandel in der Baustoffindustrie.“