13 October 2025
BOLIVIEN: DIE STIMME DER GEWERKSCHAFT STEHT IM MITTELPUNKT DER HOLZ- UND FORSTWIRTSCHAFT UND SCHLIESST SICH DER AMAZONAS-KAMPAGNE AN
Die Stadt Cochabamba wurde zum Zentrum einer wichtigen politischen und gewerkschaftlichen Debatte über die Gegenwart und Zukunft des bolivianischen Forstsektors. Das internationale Treffen „Stärkung menschenwürdiger Arbeit in der Holz- und Forstwirtschaft in Bolivien”, das von der Bau- und Holzarbeiter-Internationale (BHI) und dem Allgemeinen Verband der Fabrikarbeiter Boliviens (CGTFB) mit Unterstützung der schwedischen Gewerkschaft GS Facket organisiert wurde, zeigte, dass die Herausforderungen, vor denen der Holz- und Forstsektor steht, nicht isoliert betrachtet werden können. Sie sind Teil einer breiteren politischen Debatte über das Entwicklungsmodell Boliviens, über soziale Gerechtigkeit und über ökologische Nachhaltigkeit im Amazonasgebiet.
Formalisierung vs. Informalität: menschenwürdige Arbeit
In Bolivien gibt es ein hohes Maß an Informalität in der Holzindustrie. Mehr als 80 Prozent der Produktion konzentrieren sich auf kommunale Betriebe und kleine Produktionssysteme, in denen traditionelle Arbeitsbeziehungen auf der Basis von Tarifverhandlungen praktisch nicht existieren. Dies hat zu einer historischen Ausgrenzung von Gewerkschaften und einem schwachen Schutz von Arbeitnehmerrechten geführt. Die Tagung in Cochabamba befasste sich mit dieser Herausforderung, indem sie die Notwendigkeit eines nationalen Gewerkschaftsaktionsplans in den Mittelpunkt stellte, der die Formalisierung der Arbeit, menschenwürdige Arbeitsbedingungen und ökologische Nachhaltigkeit miteinander verbindet. Ziel ist es, jahrzehntelange Prekarität zu beseitigen und Raum für sozialen Dialog in einem Sektor zu schaffen, der sowohl für die bolivianische Wirtschaft als auch für den Schutz des Amazonasgebiets von strategischer Bedeutung ist.
Gewerkschaftliche Einheit und politischer Einfluss
Die vielfältige Beteiligung von Gewerkschaften, Regierung und internationalen Akteuren, darunter die IAO, FSC Bolivien und das Arbeitsministerium, machte deutlich, dass die Bewältigung der Herausforderungen des Sektors politischen Willen und multilaterale Abstimmung erfordert. In ihren Beiträgen machten nationale und internationale Gewerkschaftsführer deutlich, dass die Arbeiterbewegung nicht nur bei der Verteidigung von Arbeitnehmerrechten, sondern auch bei der Gestaltung der öffentlichen Politik für einen gerechten Übergang und eine grüne Wirtschaft eine aktive Rolle spielen muss. Führende Gewerkschafter wie Mario Segundo Quispe und Limberth Fernández (CGTFB), Tonny Berggren (GS Facket) und Nilton Freitas (BWI) betonten, wie dringend notwendig es ist, dass Arbeitnehmer nicht als passive Opfer eines extraktiven Modells betrachtet werden, sondern als Protagonisten einer neuen wirtschaftlichen Ausrichtung.
Das Amazonas-Gewerkschaftsnetzwerk: regionale Integration
Eine der wichtigsten Errungenschaften des Treffens war die formelle Aufnahme der CGTFB in das Amazonas-Gewerkschaftsnetzwerk der BHI, eine Plattform, die Gewerkschaften aus Suriname, Venezuela, Kolumbien, Ecuador, Peru und Brasilien miteinander verbindet. Dieser Schritt rückt Bolivien in den Mittelpunkt der regionalen Strategie zur Verteidigung des Amazonas aus gewerkschaftlicher Perspektive.
Gewerkschaften als Akteure der sozialen Kontrolle
Im Rahmen der Veranstaltung begleitete die internationale Delegation eine Arbeitsinspektion in einem Holzunternehmen in Cochabamba, um mehr über die zertifizierte Holzbewirtschaftung innerhalb der Produktkette zu erfahren. Dabei wurde ein wichtiger Grundsatz deutlich: Gewerkschaften diskutieren nicht nur über politische Maßnahmen, sondern setzen sich auch mit den konkreten Realitäten der industriellen Bewirtschaftung und der Wertschöpfungsketten auseinander.
Auf dem Weg zu einer grünen und klassenbewussten Gewerkschaftsbewegung
Das Treffen in Cochabamba markierte einen Wendepunkt in der Agenda der bolivianischen Gewerkschaftsbewegung im Holz- und Forstsektor und gipfelte in einem Aktionsplan, der eine stärkere, grünere Arbeiterbewegung vorsieht, die in der Lage ist, sowohl nationale als auch internationale Agenden zu beeinflussen. Die Verteidigung menschenwürdiger Arbeit in der bolivianischen Forstwirtschaft bedeutet gleichzeitig die Verteidigung von Arbeitnehmerrechten, Eigenständigkeit bei der Produktion, Umweltgerechtigkeit und der Zukunft des Amazonas. Tonny Berggren von der schwedischen Gewerkschaft GS Facket brachte es auf den Punkt: „Mit eigenen Augen zu sehen, wie stark und engagiert die CGTFB ist, erfüllt mich mit Zuversicht für die Zukunft. Unsere Veranstaltung in Bolivien war für uns ein großer Erfolg – in der Art und Weise, wie wir die Gewerkschaft einbinden konnten, wie sie sich beteiligt haben und wie vielfältig die Teilnehmer waren.“