6 October 2025
SÜDLICHES AFRIKA: GEWERKSCHAFTEN DRÄNGEN AUF ARBEITNEHMERGEFÜHRTE LÖSUNGEN FÜR DAS TECHNISCHE UND BERUFLICHE AUSBILDUNGSSYSTEM
Gewerkschaften im südlichen Afrika fordern arbeitnehmergeführte Reformen des Systems der technischen und beruflichen Bildung und Ausbildung (TVET) in der Region, das sie als „kaputt“ betrachten. Dies war das zentrale Ergebnis eines SACONET-Webinars am 19. September 2025, das in Zusammenarbeit mit 3F veranstaltet und von 27 Teilnehmern (darunter 14 Frauen) besucht wurde. In dem Webinar wurde deutlich, dass das derzeitige TVET-System unter einem erheblichen Missverhältnis zwischen Qualifikationsangebot und -nachfrage, veralteten Einrichtungen und unzureichender Zusammenarbeit zwischen Fachschulen und Gewerkschaften leidet – Probleme, die insbesondere den Bausektor betreffen, wo prekäre Arbeitsverhältnisse den Zugang zu Ausbildung behindern. Infolgedessen bleiben viele Fachkräfte ohne Zertifizierung, was ihre berufliche Entwicklung hemmt. Die Teilnehmer waren sich einig, dass Gewerkschaften in einer einzigartigen Position sind, um dieses Problem anzugehen, indem sie ein arbeitnehmerorientiertes Ausbildungsmodell entwickeln, das Strategien wie die Anerkennung früherer Lernerfahrungen (Recognition of Prior Learning, RPL), von Gewerkschaften verwaltete Ausbildungsfonds und die direkte Beteiligung von Gewerkschaften an der Gestaltung der Lehrpläne umfasst. Sie betonten auch die Notwendigkeit, geschlechtsspezifische Barrieren zu beseitigen, indem gleiche Bezahlung gefördert, Sensibilisierungskampagnen durchgeführt und der gleichberechtigte Zugang von Frauen zu Ausbildungsmöglichkeiten sichergestellt werden.
Die Diskussion zum Thema „Kompetenzen für eine gerechte Transformation“ unterstrich die entscheidende Rolle von Gewerkschaften bei der Sicherung eines fairen und inklusiven Übergangs zu einer grünen Wirtschaft. Die Teilnehmer forderten die Gewerkschaften auf, in Tarifverträgen Kompetenz- und Ausbildungsgarantien einzufordern, darunter die Verwendung von Kompetenzpässen und bezahlter Bildungsurlaub. Eine Fallstudie aus Südafrika hat gezeigt, dass wirtschaftliche Planung und Finanzierung im Rahmen der gerechten Energiewende zwar wichtig sind, aber nicht ausreichen. Wahre Gerechtigkeit erfordert parallele Sozialplanung, Engagement der Gemeinschaft und gezielte Kompetenzentwicklung. Gewerkschaften müssen an jedem Verhandlungstisch vertreten sein, um sicherzustellen, dass der Übergang zu einer grünen Wirtschaft Arbeiter und ihre Rechte schützt.
Ergänzend zur Online-Sitzung fand vom 24. bis 26. September 2025 ein SACONET-Präsenz-Workshop in Johannesburg, Südafrika, mit 24 Teilnehmern (darunter neun Frauen) statt. Die Delegierten berichteten von den harten Realitäten, mit denen Arbeiter aufgrund extremer Wetterereignisse konfrontiert sind, feierten aber auch die jüngsten Erfolge bei Tarifverhandlungen, darunter bezahlte Hitzepausen, helle PSA, Sonnenhüte als Standardausrüstung und die Bereitstellung von Wasser vor Ort. Die Teilnehmer erhielten auch Erfahrungsberichte von Gewerkschaften und Regierungsbehörden in Kenia, Nigeria, Tunesien, Mauritius und Namibia. Obwohl diese Initiativen lobenswert waren, wiesen die Teilnehmer auf anhaltende Probleme hin, wie z. B. schwache Rahmenbedingungen für Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz, begrenztes Engagement von Gewerkschaften in der nationalen Klimapolitik und unzureichende Lehrpläne für die berufliche Bildung. Der Workshop kam zu dem Schluss, dass die Gewerkschaften den Begriff „gerechte Transformation“ strategisch neu definieren müssen, um dem Schutz von Arbeitsplätzen Vorrang einzuräumen und um sicherzustellen, dass jede Transformation für alle Arbeitnehmer effektiv, konsultativ und inklusiv ist.
In den abschließenden Diskussionen wurde auf die Notwendigkeit für Gewerkschaften hingewiesen, Klimajargon zu definieren und zu entmystifizieren, ihre faktenbasierte Interessenvertretung zu stärken und bewusst junge Menschen und Frauen in Führungspositionen zu bringen, um einen umfassenden Schutz von Arbeitnehmern sicherzustellen. Die Kampagne der Region „Heat Up Workers’ Rights, Not the Planet“ ist weiterhin Motor globaler Klimaschutzmaßnahmen von Gewerkschaften und wird auf dem Weltkongress der BHI 2026 in Brasilien eine wichtige Rolle spielen.